Ein Review von Louis Anschel
Auf dem Mulholland Drive, der sich hoch oben über Los Angeles durch die Hollywood Hills schlängelt und bei Tag eine atemberaubende Aussicht bietet, gleitet eine dunkle Limousine lautlos durch die Stille der Nacht. Plötzlich stoppt der Wagen, der Chauffeur richtet eine Waffe auf die namenlose Schönheit im Fond des Fahrzeugs. Doch noch bevor er abdrücken kann, kollidiert ein entgegenkommendes Auto mit der Limousine und die Unbekannte kann entkommen. Äußerlich ist sie nahezu unverletzt, doch hat sie bei dem Unfall ihr Gedächtnis verloren. Ziellos irrt sie durch die Straßen und findet schließlich in einer leerstehenden Wohnung Unterschlupf. Nur wenig später taucht eine weitere junge Frau auf: Betty Elms (Naomie Watts), die von Kanada nach L.A. gereist ist, um in der Traumfabrik Hollywoods als Filmschauspielerin zu beginnen. Während die nichts ahnende Betty und die geheimnisvolle Fremde, die sich kurzerhand Rita nennt, das Haus teilen, gehen auch an anderen Schauplätzen der Stadt unerklärliche Dinge vor sich. Da ist ein Auftragskiller, dem die Situation unter grotesken Umständen entgleitet und ein weiterer Zeitgenosse, der von finsteren Vorahnungen geplagt wird auf dem Parkplatz eines Restaurants dem Bösen ins Auge sieht. Und schließlich ist da auch noch der Erfolgsregisseur Adam Kesher (Justin Theroux), dessen Leben sich durch die Drohungen bizarrer Finanziers gravierend ändert und der zum ersten Mal mit seiner eigenen Machtlosigkeit konfrontiert wird. Zur gleichen Zeit versuchen Rita und die gutherzige, stets hilfsbereite Betty, die mit einer schauspielerischen Glanzleistung den Eintritt in die Welt des Films geschafft hat, das Geheimnis um die verlorene Identität Ritas zu lüften, stoßen bei ihren Nachforschungen aber auf mehr Fragen als Antworten… |
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Das Bild (1.85:1 anamorph) ist guter Durchschnitt, leider nicht mehr. Deutlich sichtbar ist der Einsatz eines Rauschfilters, der zwar das Rauschen reduziert, was aber leider sehr zu Lasten der Bildschärfe geht. Die Farben scheinen teilweise etwas zu verschwimmen, die Kontraste sind ein wenig steil gewählt, denn helle Objekte überstrahlen manchmal dunkle. Andere Fehler wie Dropouts oder Kratzer sind jedoch glücklicherweise nicht zu erkennen. Insgesamt kann man mit dem Bild deshalb zufrieden sein.
8 von 10 Punkten
Der Ton befindet sich in Englisch in Dolby Digital 5.1 auf der Scheibe und der deutsche Ton gleich in drei verschiedenen Abmischungen: Dolby Stereo 2.0, Dolby Digital 5.1 und DTS. Tatsächlich ist die DTS-Spur, von dem Stereomix einmal abgesehen, die schwächste Spur. Sie scheint von der Dynamik her sowohl der englischen als auch der deutschen 5.1-Spur deutlich hinterherzuhinken. Die Kritik gleich vorneweg: Die Rears schweigen sich aus. Sie machen keinen Pieps, nicht einmal beim Score. Der hat es allerdings in sich, denn er besteht zu 90 % nur aus Baßeinsätzen. Wenn man nicht aufpaßt, könnte es einem die Lautsprecher zerfetzen. Das Baßgewummere von Badalamenti – Lynchs Hofkomponisten – begleitet alle Lynch-Filme nun schon seit “Blue Velvet”. Bei “Mulholland Drive” wurde das allerdings auf die Spitze getrieben. Der Baß ist immer da, er scheint eine Art Hintergrundrauschen zu bilden, wenn man ganz genau hinhört. Oder er macht sich nur in der Magengrube bemerkbar. Oft ist er aber sehr stark präsent, der Boden und die Wände vibrieren. Schon nach wenigen Minuten ahnt man, wo es lang geht, wenn nämlich ein Mann in einem Lokal von einem Alptraum berichtet. Hier kann man ahnen, was musikalisch noch auf einen zukommt. Trotz Tiefbaßgewitter bleiben die Dialoge jederzeit gut verständlich.
8 von 10 Punkten
Das Bonusmaterial beginnt mit einem knapp 25minütigen Making Of, das Filmausschnitte bringt, allerdings auch interessante Szenen vom Dreh und sehr viele Interviews mit den Schauspielern und dem Regisseur. Hier sollten die Ohren gespitzt werden, denn man könnte Interpretationsmöglichkeiten für “Mulholland Drive” heraushören. Leider ist das Making Of ohne Untertitel. Texttafeln über Cast & Crew informieren über Werdegang von Schauspielern und Regisseur. Hier kann man auch kurze Interviewsequenzen (deutsch untertitelt) abrufen (insgesamt ca. 14 Minuten). Außer einem Kinotrailer (wahlweise deutsch/englisch) und drei TV-Clips gibt es dann nur noch eine Galerie mit 20 Fotos und einen DVD-ROM-Part mit entsprechenden Weblinks.
5 von 10 Punkten
Technisches Fazit: 7 von 10 Punkten
Man ist gewarnt. Ein Film muß einen Anfang und ein Ende haben. Aber beginnt ein Lynch-Film auch mit dem Anfang und hört er mit dem Ende auf? Wenn man glaubt, man habe bei “Mulholland Drive” alles durchschaut, dann verschwindet die Kamera in einem blauen Kästchen und es beginnt eine Traumsequenz, die alles auf den Kopf stellt. Oder ist der Traum zu Ende und es beginnt die Realität? An dieser Stelle kann es nur um Stimmungen gehen, die erzeugt werden. Und das Grauen ist gegenwärtig, so lange man den Film sieht. Die Cinematographie und die Musik von Angelo Badalamenti ziehen einen wie ein Strudel in das Geschehen hinein. Man zweifelt keine Sekunde, daß sich alles so zuträgt, wie es gezeigt wird. Quasi ein Märchen für Erwachsene. Alltägliche Dinge wie Lichtschalter werden zu unheimlichen Gegenständen. Die Ausstattung der DVD ist recht ordentlich. Lynch schweigt zu seinen Filmen, daher kann man keinen Audiokommentar erwarten. Daß die Extras u.a. ein Making Of inklusive einem Interview mit David Lynch enthalten, ist im Grunde schon eine Sensation. Für Lynch-Fans nach der “Blue Velvet SE” erneut ein Pflichtkauf. Leute, die sich mit Lynch noch nicht beschäftigt haben, kann ich nur warnen. Sie werden möglicherweise äußerst verstört auf den Film reagieren…